Mobbing schafft Leiden

Durch meine ärztliche Tätigkeit begegne ich beinahe täglich den gesundheitlichen Folgen von Mobbing. In hunderten von ausführlichen Erstgesprächen, für die ich mir in meiner Praxis zusammen mit meinen Patienten lange Zeit nehme, habe ich sehr viel über das menschliche Leben erfahren.

 

Ich spreche mit den Patienten über ihre gesundheitlichen Beschwerden und wie sich diese im Zeitverlauf entwickelt haben. Ich lerne z.B. auch den familiären und sozialen Hintergrund der Menschen kennen, ihre Ängste, Sorgen und Bedürfnisse.

 

Von anderen Menschen gemobbt zu werden, als Kind oder als Erwachsener, ist für jeden einzelnen eine gravierende schlimme Erfahrung, die oft sehr langfristige und einschneidende gesundheitliche Folgen haben kann.

 

Es verankert sich, so wie auch andere schlimme Ereignisse (Traumata), ganz tief und fest im Gehirn bzw. Gedächtnis der Betroffenen und kann zu einer fortwährenden Angst- oder auch Stressreaktion im Körper führen. Der Körper gerät darüber in einen chronischen Alarmzustand, was dann langfristig neben seelischen Beschwerden (z.B. Ängste, Depressionen, Zwänge, Essstörungen) auch zu, wie ich meine, körperlichen Krankheiten, wie z.B. Autoimmunerkrankungen (z.B. Hashimoto-Thyreoiditis, M. Crohn, Rheuma), Infektneigung oder Erschöpfung führen kann.

 

Mobbing kann ganz deutlich in Erscheinung treten, z.B. wenn ein Kind immer wieder von seinen Klassenkameraden verprügelt wird. Es kann aber auch ganz subtil sein, dass z.B. ein Mitarbeiter systematisch von seinen anderen Kollegen ausgegrenzt wird, nicht mit am gemeinsamen Mittagessen teilnehmen darf etc.. Bei den Betroffenen entsteht große Angst, z.B. vor dem nächsten Tag auf der Arbeit oder in der Schule. Die ausgegrenzten Leute sind ja meist ganz allein auf sich gestellt in der Situation! Und sie fühlen sich falsch, nicht richtig.

 

Warum wird jemand gemobbt?

 

Interessant ist, dass Mobbing nur dort entstehen kann, wo es auch auf fruchtbaren Boden trifft, wo es das System, z.B. die Schulklasse oder der Arbeitsplatz hergibt, dass Mobbing entstehen kann. Es ist dann oft sehr komplex und schwierig von außen zu durchschauen. So gibt es Lehrer, die von ihren Schülern schikaniert werden, aber auch Lehrer, die gar nicht bemerken, dass sie zusammen mit anderen Kindern einen Schüler der Klasse mobben.

Gemobbt werden kann jeder. Auch das habe ich bei meinen Patienten gelernt. Es gibt nicht das typische Mobbing-Opfer. Ich bin manchmal so verwundert, warum es gerade diese oder jene Person betroffen hat.

 

Mobbing muss beendet werden. Es darf nicht hingenommen werden! Die Betroffenen werden längerfristig krank davon, z.B. auch später noch, als Erwachsener, wenn es zu Kinderzeiten stattgefunden hat.

 

Ich möchte diesen Blog-Artikel dafür nutzen, Sie aufzurufen, Mobbing nicht geschehen zu lassen. Greifen Sie ein! Motivieren Sie Ihr Kind, einem anderen zu helfen bzw. in einer Mobbing-Situation einem Mitschüler beizustehen. Ich appelliere an unsere Zivilcourage - Mobbing schafft soviel Leiden. Ich sende mein Mitgefühl an alle derzeit ausgegrenzten Menschen: wenden Sie sich an jemanden, der Ihnen helfen kann, nehmen Sie es nicht mehr hin!

 

Ich bedanke mich bei meinen Patienten für ihr Vertrauen, mir von ihrem Leben zu berichten, so dass ich sie ein Stück weit auf ihrem Weg begleiten kann.